Jovelstefan hatte das Fernsehen in der Nacht nicht ausgeschaltet. Der brüllte um fünf Uhr immer noch vor sich hin und mein zarter Schlaf wurde empfindlich gestört.
Ich bin inzwischen beim Mitbewohner als Frühaufsteher verschrien, komme ich doch mit vier Stunden Schlaf aus und sitze frisch geduscht nach dem Morgenkaffee und der Morgenkippe bereits vorm Rechner und habe die erste Stunde Hotel-Wlan weggesurft, wenn der Hotelmitbewohner gedenkt überhaupt wach zu werden und aufzustehen.
Im Hotel den Kaffee aufs Zimmer bringen lassen und das Internet vom Vortag weg gelesen. Bekanntlich füllt sich das Netz immer über Nacht und muss am nächsten Tag leer gelesen werden.
Mit einem fiesen Baguette in der Bahn über den vielen Müll in Berlin gelästert und geärgert, dass ich den ersten Vortrag von Götz Werner verpasst habe. In der „Google Werkzeuge für Wissensarbeiter“ Session zum 800. Mal gesehen, wie unfassbar effizient, schnell, Nerven- und Kostensparend eine Firma oder ein Team zusammen an Texten, Dokumenten und Ideen arbeiten kann. Nach solchen Vorträgen verfalle ich immer in die totale Outlook-Depression und habe Angst vor meinem Firmenrechner.
Unfassbar, wie viel Kosten man mit Google Apps sparen kann, darüber darf nicht nachdenken, da wird dir Schwindelig. Schlimm ist das.
Im Google-Votrag auf Twitter gelesen, dass Götz Werner eine Stunde später anfing und ich ihn hätte sehen können, war dann aber zu faul zum aufstehen.
Nach einem schnellen Kaffee dann in die erste Reihe zu Frau Meckel in den Friedrichstadtpalast gesetzt. „This Object cannot be liked“ hiess ihr Votrag und der war zauberhaft. Ehrlich. Ganz großes Kino. Von einer bekloppten Facebook-Geburtstagstorte über den technisch nicht möglichen Zufall im Computer und dessen Bedeutung zur Frage, ob man nicht einmal Frau Meckel und Jeff Jarvis zusammen auf die Bühne stellen sollte.
Das wäre mal was. Zwei die auf Augenhöhe über das Netz streiten. Ein Traum. Kann das bitte mal jemand organisieren? Frau Meckel trug eine viel zu lange Hose (macht man das in Amerika so?) und hat unglaublich schöne Hände.
Anschließend überraschend leckeres Mittagessen bei einem Vietnamesen mit ein paar der üblichen Verdächtigen. Ich wollte direkt nach dem Essen in den Quatsch Comedy Club aber das Personal wollte das nicht, die waren sogar ein wenig unfreundlich, aber ich habe auch mal beschissene Tage.
In der „Vom Lifestream zum Lifestream“ Diskussion gewundert, warum Google Buzz nicht erwähnt wird. Trotzdem gespannt zugehört, Laptop- und Handyakku aufgeladen und in der letzten Ecke gesessen und nix gesehen. Daher nur zugehört. War aber nicht schlimm, ich konnte so ganz entspannt meinem Laptop zusehen, wie es kein Internet bekam.
Direkt sitzen geblieben um danach Felix Schwenzel von Wirres.net und seinen „Warum das Internet Scheisse ist“ Vortrag gesehen. Das war toll. Viele Sachen gesehen und endlich, ENDLICH fragt mal jemand, warum wir nicht mit den ganzen Internetkritikern reden sondern uns nur über sie aufregen.
Schöner Vortrag und so ziemlich der einzige jemals gesehene Vortrag, der komplett in zwei Sätzen zitiert immer noch Sinn ergibt und sogar den Vortrag komplett erklärt. „Warum das Internet Scheisse ist? Weil die Menschen scheisse sind Welt scheisse ist!“
Dann versammelt sich die Horde zur Abschiedsveranstaltung in der Kalkscheune und Jonny Haeusler versucht sich in einem Skype Call mit Biz Stone, dem Twitter Mit-Erfindung. Ganz groß. Anruf abgelehnt. Mit seiner Sekretärin gechattet und danach hat der ganze Saal „Bohemien Rapsody“ gesungen. YouTube sei Dank. Ganz großes Kino. Singen fetzt. Würde auf der Next10 nicht klappen mit 400 Leuten einen Queensong zu singen. War das schön, davon kann ich meinen Enkeln noch erzählen. Beste Abschlussveranstaltung jemals.
Danach Hotel, Internet weg lesen, Zähne putzen, wieder los, am Oranienburger Tor einen Schawarma aus Rindfleisch gegessen und gefragt, ob der nicht aus Hühnerfleisch sein sollte. Danach zur Abschlussparty gegangen und erst dort zahlreiche Bekannte zum ersten Mal auf der RP10 gesehen. Obwohl sie bereits seit drei Tagen in Berlin waren. Wie das eben so geht, bei 2500 Teilnehmern trifft man sich nicht an jeder Ecke. Das war ein netter Abend, ich habe mich sogar zur Musik bewegt, aufgrund extremen leergequatscht sein und Müdigkeit war aber nicht mehr drin, als kurz zur Musik wippen.
Als eine Frau mich nach Feuer fragte und wissen wollte, war „re:cat“ auf meinem Shirt steht und ich das auf der RP10 oft geführte fünfminütige „mehr Traffic als Bild und Heise zusammen“ Gespräch führte kam diesmal als Antwort: „Was? Das gibt es nicht. Ich bin von Axel Springer. Wieso hat eine Webseite mit Katzenbildern mehr Traffic als wir?“. Wir hatten dann noch ein sehr gutes Gespräch.
Bei der nächsten Frau die nach Feuer fragte (in Berlin hat man kein Feuer, selbst mein Mitbewohner hat es ständig verbaselt) und ich mit ihr „ich kenne dich von Twitter-Roulette“ spielen wollte, war sie eine der wenigen Personen auf der Re:publica, die nicht wusste, was Twitter ist. Danach ging ich tanzen, danach dann Dönern im Wedding. Den besten Döner seit langem gegessen und zufrieden und glücklich ins Bett gefallen.
Versucht ein Re:publica Fazit zu träumen, hat aber nicht geklappt. Fazit geschrieben und für Morgen eingeplant.
Nachtrag: Es gibt eine Übersicht, bzw. einen Blog-Spiegel zur Re:publica 2010. Da findet der geneigte Leser eine große Fülle von weiteren Artikeln zur Re:publica 2010.
danke auch nochmal für das schriftliche lob. aber einerseits schreib ich mich mit „e“. schwänzeln machen nur die bienen, ix schwenzel. und dass die menschen scheisse sind würd ich nicht sagen, vor allem, da ich götz werner am gleichen tag gesehen habe. ix hab gesagt, dass das internet scheisse sei, weil die welt scheisse ist.
Stimmt, ist natürlich korrigiert.
Wie kostengünstig die Google Apps sein werden, ist noch nicht beantwortet. Zur Zeit sind sie es, unbestritten. Toll sind diese Dinger auch (Alles was Google rausbringt ist toll, die können wirklich was). Nur, die Frage ist wenn der grosse „System locked in“ Moment kommen wird..
Hamburg!!!