Aus solchem Elend entsteht ein Gesetz zur Internetzensur

Zum allerersten Mal im Leben lese ich Stellungnahmen zu einem Gesetz – hier die Stellungnahmen im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie zum geplanten Internetzensur-Gesetz.

Da treffen sich morgen in Berlin ein paar Leute und reden über das Internet und die geplante Zensur.

Viel Text, etliches ist lesenswert, wenn auch etwas trocken formuliert und eher ungeeignet als Zwischendurch-Lektüre.

Ich habe nur die Stellungnahme des BKAs gelesen. Wenn es nicht so Ernst wäre, hätte ich mich kaputt gelacht, aber so …

Für den Spaß, für euch liebe Internetfuzzies und Freunde, ein paar Perlen aus dem BKA Text.

Bitte behaltet im Hinterkopf, dass diese Leute demnächst entscheiden, wer in Deutschland online beibt und wer nicht.

Das Bundeskriminalamt wird den Providern die vollständige URL/URI und nicht lediglich die Domain, auf der eine kinderpornografische Seite gehostet ist, zur Verfügung zu stellen. Es ist damit möglich, eine trennscharfe und schwer zu umgehende Sperrtechnik einzusetzen. Damit wird auch dem schnellen Wandel der Technik und den unterschiedlichen technischen Voraussetzungen der Provider Rechnung getragen.

wtf? eine lange uri ist schwerer zu tippen als eine kurze oder wie? völliger stuss,. setzen 6. Schön auch, dass sie weiter unten genau das Gegenteil behaupten.

Liegen kinderpornografische Inhalte auf deutschen Servern, werden die erforderlichen strafrechtlichen Maßnahmen in Deutschland eingeleitet. Dabei kommen die deutschen Content-/Hostprovider regelmäßig der Aufforderung nach, die entsprechenden Inhalte unverzüglich zu entfernen.

Prima. Das sagen wir euch die ganze Zeit, dass die Leute, wenn man sie nur anschreibt, sofort diesen Kram aus dem Netz nehmen. Jetzt sagt ihr es selbst?!?! wtf? Wozu braucht ihr dann dieses Gesetz?

Access-Blocking wird im Ausland u. a. in folgenden Ländern durchgeführt: Großbritannien seit 2004, Norwegen seit 2004, Schweden seit 2005, Dänemark seit 2005, Schweiz seit 2006, Finnland seit 2007. In keinem der Länder werden andere Inhalte als Kinderpornografie gesperrt.

Das ist schlicht gelogen. Stimmt nicht. Es werden andere Inhalte gesperrt. Siehe Netzpolitik.org – Die BKA-Stellungnahme im (kurzen) Realitycheck. Wird man beim „Lügen für ein Gesetz“ eigentlich bestraft?

In Dänemark und Norwegen wird die Einschätzung des Bundeskriminalamtes geteilt, dass das World Wide Web den Einstieg für die Nutzung des Internet darstellt.

Die Einstiegsdroge. Da ist sie wieder. Auch hier völliger Stuss. E-Mail ist der Einstieg, nicht das WWW. Wobei es schwierig ist von einem Einstieg zu sprechen. Internet ist ein Massenmedium. 80% der Deutschen sind online. Vielleicht hat sich das noch nicht bis zum BKA rumgesprochen? Oder die sind so alt und leben noch im letzten Jahrhundert?

Dies ermöglicht der Polizei Auswertungen zu den sogenannten „Referrers“ (Verweisen, von welcher Webseite ein Nutzer auf die geblockte Adresse gelangte), wodurch auch die eigentlichen Speicherorte der mittels einer Vielzahl von Webseiten beworbenen kinderpornografischen Archive bekannt und in der Folge auf die Sperrlisten aufgenommen werden.

Ach? Ihr wollt also auch die Referrer haben und sie auf die Liste setzen? Also das halbe, bis ganze Internet ausknipsen? Unfassbar, aber schön, dass ihr es wenigstens schreibt und nicht still und leise macht. Allein dieser Punkt hier kann die deutsche Onlinewirtschaft Millionen kosten. (Böse Links setzen beim Mitbewerber, unglückliche User rächen sich, in Foren Links setzen …) Das wäre dann der Untergang für die Onlinewirtschaft hierzulande.

… überwiegend auf eigens dafür eingerichteten Domains. Würde in diesen Fällen lediglich ein Unterverzeichnis gesperrt, wären die entsprechenden Inhalte durch eine einfache Umbenennung des Verzeichnisses wieder verfügbar … Die Erfahrungen im Ausland zeigen, dass die geringere Trennschärfe einer DNS-Sperre in der Praxis nicht zu nennenswerten Problemen geführt hat oder führt.

Das ist der Knaller. Hier sagen sie ernsthaft, dass sie lieber nur die Domain (pop64.com) sperren, anstatt genau ein Verzeichnis anzusprechen. Was zum Geier soll das? Sie blocken also nicht tinyurl.com/ichbinderböselink, sondern gleich ganz Tinyurl? Noch besser wäre das blocken von s3.amazonaws.com. Mann, mann …

Es kann doch nicht sein, das wir diesen Kappen, diesen Beamten kurz vor der Pension, die gelangweilt ihrem Deppenjob des Listenpflegen nachgehen, die Macht über das gesamte deutsche Internet geben?

Ein einziges Elend das alles.

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ZAPP über Netzsperren – Heftige Proteste gegen Sperrungen im Internet

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5 Gedanken zu „Aus solchem Elend entsteht ein Gesetz zur Internetzensur“

  1. Furchtbar.

    Danke für die Zitate, ich hab jetzt keine Haare mehr zum raufen.

    Mein Lieblingszitat ist wirklich „In Dänemark und Norwegen wird die Einschätzung des Bundeskriminalamtes geteilt, dass das World Wide Web den Einstieg für die Nutzung des Internet darstellt.“

    Ein Satz der perfekt demonstriert, wer hier zu den Internet-Ausdruckern gehört. Terminologie wie WWW ist so unscharf, das tut schon weh. Wenn man wenigstens „HTTP“ gesagt hätte, aber selbst dann ist es etwas merkwürdig zu sagen, das der Einstieg des Internets durch die Nutzung des Internets geschieht.

    Ich möchte die Leute nehmen und eine Woche in einen Internet-Kurs zwangsabstellen. Ich stell mich ja auch nicht hin und erzähle was über Ökologische Betriebsführung, ohne Ahnung davon zu haben.

  2. Ich kenne den Dilettantismus der deutschen Gesetzgeber schon aus einem anderen Thema zur Genüge. Von daher habe ich nicht erwartet, dass sich etwas geändert haben könnte.

    Es bleibt, wie es immer war: Wenn man in der Demokratie jemandem seine Stimme gibt, wählt man den nicht aus Überzeugung, sondern weil er das geringste Übel ist.

  3. Man kann über die Polizei und das BKA denken was man will. Sachliche Kritik ist immer angebracht. Doch einfach nur ‚blöde Bullen‘ sagen, ist verkehrt.
    Ohne Polizei würde es hier trotzdem viel ätzender aussehen.
    Gut.
    Allerdings macht diese Stellungnahme eines deutlich:
    Es ist offenkundig, dass der Aufwand, den man jetzt in dieses Gesetzeskonstrukt steckt, viel besser in einer ordentichen Schulung der Polizei investieren sollte.

    Gefährlich ist allemal, dass in dem Gesetzesentwurf kein Richtervorbehalt vorgesehen ist und auch keine weitere parlamentarische Prüfung.
    Selbst wenn alle beteiligten Mitarbeiter des BKA sich wirklich ehrlich und idealistisch an die Gesetze halten würden und keinen Missbrauch treiben würden (was ich nicht glauben kann)
    bleibt der Verdacht bestehen.
    Um ein bereits für andere Sicherheitsgesetze bestimmtes Zitat zu gebrauchen: Wenn ihr nichts zu verbergen habt, warum lasst ihr euch dann nicht über die Schulter schauen?

  4. Hallo !
    Bei der Kinderpornografie können die machen was die wollen, sowas gehört jedenfalls hart bestraft.
    Na ja was soll`s, wir entscheiden es doch sowieso nicht …
    Gruß Andreas

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