Einer dieser bekloppten Sprüche, die leider stimmen: Das Leben ist kein Ponyhof. Das denken jetzt auch die Besitzer des ältesten Berliner Ponyhof, denn ihr Ponyhof Berlin wurde vom Ordnungsamt geräumt.
Foto: Shetland Pony von Gogrilla mit Some rights reserved
Berlin wäre aber nicht Berlin, wenn ein kleiner Ponyhof am Stadtrand nicht zum Politikum wird.
Hier kommt alles zusammen, was von außen betrachtet Berlin völlig bescheuert erscheinen lässt. Das Ordnungsamt, eine Bügerinitiative, Veterinärarzte, man redet nur noch vor Gericht, Hasstiraden von Populisten, Verbraucherschützer, Kinder aus benachteiligten Familien verlieren ihre Ponys, Nazis, Stasi, DDR, Behörden- und Qualitätspresse, die Geschichten angeblich verzerrt darstellt.
Ich habe keine Ahnung, wer in dieser Sache im Recht ist. Es ist mir auch total egal.
Aber das hier ist ein wirklich sensationeller Fall von BERLIN, der sich mit diesem Ponyhof darbietet. Die Leute drehen sofort zur Höchstform auf.
Der Reihe nach.
Die BZ schreibt: Das Ordnungsamt räumt einen Ponyhof. Weil Tiere nicht artgerecht gehalten wurden, schritten jetzt die Behörden ein. Besitzer protestieren. Kann man lesen, es steht aber nicht wirklich viel wissenswertes im Artikel drin, vor allem nicht, was genau beanstandet wurde.
Das lässt den Volksmund fragen stellen.
Doch hinterfragt man die Geschichte, die uns hier präsentiert wird, ein wenig, so kommt man ins Grübeln. Insbesondere wenn man nach einigen Recherchen auf die Internetseite des „Spandauer Mietervereins für Verbraucherschutz e.V.“ stößt und einige Ungereimtheiten vorfindet.
Quelle: www.journalistenwatch.com/2012/06/01/warum-die-bz-beim-thema-ponyhof-spandau-nicht-die-ganze-wahrheit-geschrieben-hat (nicht verlinkt, die sind eher so rechtspopulistisch, die bekommen keinen backlink)
Dort dann auch die ersten hochemotionnalen Kommentare. DIE KINDER, DIE TIERE, BRÜTENDE TIERE VON DEN NESTERN GERISSEN. Wobei ich ehrlich gesagt nicht verstehe, wie man mit dem Argument des Tierschutzes im Ernst brütende Hennen aus dem Nest reißt. Jedes Kitakind lernt, dass man nicht die Eier in einem Nest anfasst und bitte nicht die Vogelmama vom Nest verscheucht.
Weiter geht es mit einem lesenswerten Bericht über die Proteste, die beteiligten Personen, die Räumung und großen Zweifeln an der gesamten Aktion und am Verhalten der Besitzer.
Ein Bericht über die Räumung des Ponyhofs fiel sehr blumig aus: Von der „Deportation der Tiere“ und „Verschleppung“ war dort die Rede. „Trauernde Kinder“ wurden ins Spiel gebracht. Von „Angstschreien der Tiere, die durch Mark und Bein gingen“, wurde gesprochen und einer „entsetzlichen Vorgehensweise gegen hilf- und willenlose Tiere“. „Von Weinkrämpfen geschüttelt, mit gebeugtem Haupt unter Jammern und Schluchzen begab sich die Besitzerin in ihre Privatgemächer.“
Quelle: unterwegs-in-spandau.de – Ponyhof in Spandau jetzt ohne Tiere
Das war alles schon ganz aufregend.
Die armen Kinder, Ponys, Spandau, ja ganz Berlin erzittert angesichts dieses Fall von AUFREGUNG. Das erkennt man auch sehr schön in folgendem Kommentar in einem Artikel des Tagesspiegel mit dem schönen Titel Tierischer Streit um Ponyhof.
… handeln nicht aufgrund von Fachwissen, sondern sie handeln im Auftrag-zumeist bei Nachbarschaftsfehden, bei Baulandhaien, die ein Grundstück wollen etc. … ist nicht mal aus der Tiermedizin, Fachwissen gleich Null. … Die gesamten Ämter sind mit ehemaligen Stasileuten durchsetzt, die korrupten SPD Politiker … Statt Der DDR ging die Bundesrepublik unter, Nazideutschland Teil 2.
Seufz. Der Kenner weiß, dass eine Diskussion im Eimer ist, sobald Kommentare wie dieser auftauchen.
Im Artikel selbst findet sich auch einer der wenigen Hinweise auf konkrete Mängel im Ponyhof. Das wird in solchen Diskussionen leider oft vergessen. So sei bemängelt worden, dass sich in den Trögen der Ponys kein Wasser befand, obwohl es sich um eine automatische Anlage handelt.. Die Qualitätspresse verliert hier aber eindeutig gegen Ponyhof in Spandau jetzt ohne Tiere – Ponyhof in Spandau jetzt ohne Tiere, dort wird das Thema deutlich umfassender aufbereitet.
Wie es weiter geht?
Ich weiß es nicht, aber meine Meinung geht auch eher in die Richtung, dass die beiden Besitzer vielleicht eben einfach zu alt dafür geworden sind.
Kann doch sein und es wäre auch vollkommen in Ordnung zu sagen, „Hey, wir bekommen das nicht mehr hin und sind keine Senioren die sich nicht helfen lassen wollen.“ Aber die Realität sieht scheinbar anders aus. Aber wie gesagt, es ist mir eigentlich egal.
Es würde sehr, wirklich sehr helfen, wenn das Amt offen legt, was denn genau nicht stimmt in dem Ponyhof. Ich würde es tatsächlich gerne wissen. Aber so viel Transparenz ist wahrscheinlich zu viel in einem über Jahre schwelenden Streit. Im Gegenteil. Aktuell wird mit Unterlassungserklärungen gearbeitet. Da ist es dann ein weiter Weg zu mehr Transparenz.
Das Leben in Berlin ist tatsächlich kein Ponyhof, selbst dann, wenn man einen Ponyhof hat.
Ich war noch nie auf diesem Ponyhof. Falls eine Leserin zufällig einmal dort war, freue ich mich über einen Kommentar.
via: mein-spandau.info -Was ist los in Spandau? , bzw. Kiezblogs.de
Diese tolle Geschichte ist völlig an mir vorbeigegangen, ich leb wohl zu dicht dran, gut dass du sie aus Hamburg besser siehst und drüber schreibst!